Jedes 5. Kind in Deutschland lebt in Armut. Und die Corona-Krise hat wie unter einem Brennglas die Probleme, Lücken und Bedarfe deutlich gemacht. Familien in prekären Situationen und armutsgefährdete Familien hat die Pandemie besonders getroffen. Armut bedeutet nicht nur Mangel, Unterversorgung und Einschränkungen für Kinder. Armut raubt Kindern Zukunfts- und Teilhabechancen.
Deutlich wurde in der Pandemie, wie eng in unserer Gesellschaft der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg ist. Es ist eine Frage des Einkommens, ob Kinder am Home-Schooling teilhaben können, ob digitale Endgeräte vorhanden sind. Die Folgen des Lock-Down bedeuteten für Familien und Alleinerziehende mit geringen finanziellen Möglichkeiten immense Herausforderungen. Neben dem Zugang zum Internet, digitalen Endgeräten spielen auch die räumliche Enge, fehlender Platz für das Lernen, sowie mangelnde Unterstützung durch die Eltern eine große Rolle.
Home-Schooling ist dabei eine immense Herausforderung, auch für finanziell abgesicherte oder Akademikerfamilien. In der Regel bedeutet Home-Schooling eine dreifache Belastung v.a. der Mütter, die neben Berufstätigkeit, Zuständigkeit für Familie und Haushalt nun auch noch die Lernbegleitung im Blick haben sollen.
Aber insbesondere für Kinder & Jugendliche aus armen Familien fehlen digitale Endgeräte für die Bearbeitung des Lernstoffs und der Hausaufgaben. Auch wenn Computer oder Laptop vorhanden sind, belasten die Kosten für z.B. die Druckerpatronen die Haushaltskasse sehr stark. In der Folge entwickelte zum Beispiel das KIZ in Kirchheim ihr Projekt RuckZuckDruck und bietet Schüler*innen an, ihre Arbeitsblätter und Arbeitsmaterialien kostenlos ausdrucken zu lassen.
Die Mitarbeiter*innen der offenen Kinder- und Jugendarbeit stellen fest, dass vielen Kindern und Jugendlichen der Kontakt zu den Gleichaltrigen, Bewegungsangebote und/ oder das gemeinsame Spielen fehlten. So entwickelte der Jugendtreff Sulzgries Spiel- und Bastelanleitungen zum Abholen oder das katholische Jugendreferat mobile spirituelle Angebote an.
Deutlich ist jetzt bereits, dass benachteiligte Kinder & Jugendliche, Schüler*innen mit Migrationshintergrund oder Fluchterfahrung durch Lehrer*innen häufig nicht erreicht werden konnten. Es ist zudem davon auszugehen, dass die freiwilligen Lernangebote in den Sommerferien nicht ausreichen werden, um versäumten Lernstoff aufzuholen und gleiche Voraussetzungen im neuen Schuljahr zu erreichen.
Die Corona-Pandemie hat tiefgreifende Auswirkungen auf Kinder & Jugendliche. Auch der "Normalbetrieb unter Pandemiebedingungen" in Schulen und KITAs darf nicht dazu führen, dass Bildungs- und Teilhabechancen von Kindern & Jugendlichen auf der Strecke bleiben. PCs und Notebooks gehören wie Schulbücher und Arbeitshefte zu den Lernmitteln, die Schüler*innen zur kostenlosen Nutzung zur Verfügung stehen müssen.
Auch im neuen Schuljahr braucht es Lernförderung und begleitete Unterstützungsangebote. Für Kinder & Jugendliche, die nur schwer erreichbar waren, braucht es kreative Lösungen, damit sie einen besseren Zugang zu Bildungsinhalten bekommen. Insbesondere Kinder von Alleinerziehenden oder Kinder psychisch kranker Eltern sind in den Blick zu nehmen. Für Kinder & Jugendliche sind die Schule und die Angebote der Kinder- und Jugendarbeit wichtige Orte der Begegnung, der Stärkung durch Gleichaltrige, Orte der Begleitung und Unterstützung.