Frau J. ist seit 5 Jahren Witwe und lebt allein in ihrer 2 Zimmer Wohnung. Sie und ihr Mann blieben kinderlos und auch sonst gibt es keine Verwandten in der Nähe. Die meisten ihrer Bekannten und Freunde sind schon verstorben und zu den Nachbarn hat die 79-jährige nur wenig Kontakt. Früher sei sie wenigstens noch viel unterwegs gewesen und habe hier und da Kontakte geknüpft. Mit dem Alter wird das aber immer schwieriger und seit Corona fühle sie sich immer mehr abgeschottet, so die Rentnerin. Einkaufen und selbst versorgen klappt noch gut. Gesundheitlich hat sie aber schon einiges durchgemacht. "Damit muss ich klarkommen, aber viel mehr als die Krankheiten belastet mich, dass ich ganz allein auf mich gestellt bin und Vieles allein regeln muss", so die Seniorin. "Zum Beispiel habe ich große Sorge was passiert, wenn ich so krank bin, dass ich nicht mehr alleine entscheiden kann, wie es weitergeht? Wer übernimmt das dann für mich? Da wollte ich so gerne jemanden um Rat fragen." Vor Kurzem habe sie Post von ihrem Telefonanbieter bekommen und war ganz verzweifelt, weil sie nicht wusste, was sie da ausfüllen muss und Sorge hatte etwas falsch anzukreuzen. "Ich möchte auch so gerne wieder unter Menschen sein und mich einfach nur ein bisschen unterhalten oder mal mit jemand spazieren gehen." erläutert die Rentnerin.
So wie Frau J. geht es immer mehr alleinstehenden Menschen im Alter. Um dieser oft belastenden Situation individuell entgegen wirken zu können, gibt es seit Oktober das neue Vorsorge und Begleitangebot LebensHorizonte vom Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart am Standort Wernau.
LebensHorizonte richtet sich an alleinstehende ältere Menschen ab 60 Jahren. "Wir möchten diejenigen unterstützen, die allein sind, die niemanden haben oder deren Familien weit weg sind, sodass sie ein Stück weit vorbereitet sind auf alles, was kommt.", sagt Kornelija Ljubek-Ples, Koordinatorin des Angebotes. Im Gespräch werde der Lebensalltag betrachtet. Ziel ist es dabei zu einem gelingenden Leben im Alter zu verhelfen und wichtige Weichen zu stellen, insbesondere im Bereich der rechtlichen Vorsorge, aber auch im Bereich Gesundheit, Wohnen und Teilhabe" so Ljubek-Ples.
Ehrenamtliche können sich in diesem Prozess maßgeblich mit einbringen Dabei geht es nicht immer nur darum für schwieriger werdende Umstände vorzusorgen. Es geht auch darum neue Freiräume zu schaffen wie z.B. die Anbindung an neue Kontakte und Netzwerke.
So auch im konkreten Fall mit Frau J. Seit kurzem hat sie neben der hauptamtlichen Beraterin von LebensHorizonte auch eine ehrenamtliche Ansprechperson, die sie regelmäßig besucht.
Frau L. wohnt im selben Ort und wollte sich gerne ehrenamtlich engagieren. Besonders ältere Menschen liegen ihr am Herzen und so war schnell klar, dass sie im Rahmen von LebensHorizonte aktiv werden wollte. Seit einiger Zeit trifft sie sich nun regelmäßig mit der Seniorin. "Gemeinsam besprechen wir dann was wir unternehmen möchten, welche Dinge es zu erledigen gibt bspw. bei Schriftverkehr, wo sie meine Begleitung wünscht oder einfach wohin uns der nächste Spaziergang führt. Im Gespräch erfahre ich dann auch immer, wo der Schuh drückt. Zum Beispiel wollte sie unbedingt mal zu einem Bewegungstreff für Senioren. Das geht wegen Corona momentan nicht, aber sobald es möglich ist, möchte ich sie zu einem Schnupper-Treffen begleiten. Wenn es um spezielle fachliche Dinge wie z.B. Vorsorgeregelungen geht, fragen wir einfach bei unserer Koordinatorin nach, die uns immer zur Seite steht." berichtet die engagierte Helferin.
Die Ehrenamtlichen werden vor ihrem Einsatz kostenlos geschult und intensiv auf ihre Aufgabe vorbereitet. Themen der Grundlagenschulung sind z.B. Alterserkrankungen, Kommunikation und Gesprächsführung und alltagsbegleitende Maßnahmen. Die Begleitung umfasst keine hauswirtschaftlichen oder pflegerischen Tätigkeiten. Der zeitliche Umfang des Einsatzes wird individuell nach den Bedürfnissen der Senioren und der Ehrenamtlichen bestimmt. Fahrtkosten u.ä. werden als Aufwandsentschädigung erstattet. Die Ehrenamtlichen werden eng durch die hauptamtliche Caritas-Mitarbeiterin begleitet. Zudem wird auch ein regelmäßiger Austausch mit anderen Ehrenamtlichen des Projekts angeboten. Für die Senioren ist das Angebot komplett kostenfrei.
"Ja, jetzt fühl ich mich wieder gut gestärkt und da haben sie mir richtig eine Last genommen. sagt Frau J. jedes Mal beim Abschied. und dann weiß ich, dass es gut ist, dass ich da war" resümiert die engagierte Ehrenamtliche.
"Das Schöne ist, dass beide Seiten davon profitieren." fasst Kornelija Ljubek-Ples die Begleitung im Rahmen von LebensHorizonte zusammen. "Die Senioren haben wieder regelmäßigen sozialen Kontakt. Sie bekommen Hilfestellung, da wo sie sie brauchen und wünschen. Die Ehrenamtlichen investieren ihre Zeit in solidarisches Handeln und können für sich selbst auch viel an Wissen und Erfahrung mitnehmen."
Möchten auch Sie ein Teil von LebensHorizonte am Standort Wernau sein und Unterstützung anbieten?
Wir freuen uns auf Ihren Anruf oder Ihre Email:
Anmeldung zur Grundlagenschulung für Ehrenamtliche bis 31.3.2022